Die sogenannten „Mitarbeitergespräche“ sind ein heikles Thema mit vielen Meinungen und Experte-Wissen für dieses Gebiet. Fragestellungen: Wie oft sollte ein Gespräch geführt werden, wer führt das Gespräch, wie definiert man Ziele u. v. m. werden immer wieder heiß diskutiert und es gibt auch garantiert mehrere Wahrheiten zu diesem Thema.
Ich möchte euch folgend meine Empfehlung zu einem Mitarbeitergespräch vorstellen, welche sich über die letzten 5 Jahre immer wieder leicht angepasst hat und mittlerweile sehr gut ankommt. Viel wichtiger ist aber, dass es mir die Antworten sehr helfen meine Jungs zu fördern und fordern.
Am Ende des Artikels bekommt ihr von mir noch einen Beispiel-Leitfaden mit konkreten Fragen für das Gespräch.
Frage: wie oft?
Antwort:
Wenn es nötig ist, aber mindestens einmal im Jahr.
Erklärung:
Zunächst solltet ihr immer für ein Gespräch bereitstehen, wenn einer euer Mitarbeiter darum bittet. Schiebt diese Dinge nicht auf („Ja können wir machen, aber bitte erst nächsten Monat“). Das ist gefährlich und zeigt eurem Mitarbeiter, dass ihr ihn nicht ernst nehmt und viele andere Themen wichtiger erachtet als ihn als Person. Das verletzt!
Ich halte absolut nichts davon alle 3 Monate ein Gespräch zu führen. Das kostet nicht nur wertvolle Ressourcen Zeit von euch und eurem Mitarbeiter, sondern ihr solltet sowieso schon mindesten 1x die Woche mit eurem Mitarbeiter sprechen und schauen, ob es ihm gut geht.
Mindestens einmal im Jahr (Ich bevorzuge den November) sollte aber ein terminiertes Gespräch (Welches übrigens ohne zeitliche Limitierung angelegt ist) eurem Mitarbeiter eine Plattform bieten außerhalb der „Kaffeegespräche“. Er kann dort einbringen und es Platz für „das große Ganze“ an positiver wie negativer Kritik in beide Richtungen. Es sind dabei nicht Projektgespräch oder Fachsimpelei gemeint! Sondern es geht um den Mitarbeiter als Person.
Frage: Wer führt das Gespräch?
Antwort:
Der Teamleiter und der Mitarbeiter, niemand sonst ist dabei. Vor allem kein Personaler oder Geschäftsführer (Außer es handelt sich dabei um die Manager-Ebene unterhalb der Geschäftsführung)
Erklärung:
Es soll ein Gespräch voller Vertrauen sein! Der Inhalt darf auch nicht nach außen getragen werden. Nur Taten und Wünsche können (Sollten natürlich 😉 ) anschließend umgesetzt werden. Woher diese kommen bleibt aber unter euch! Da jeder Teamleiter max. 5-7 Mitarbeiter haben sollte hält sich die Anzahl der Gespräche auch in Grenzen.
Frage: Wie definiert man Ziele?
Antwort:
Am besten der Mitarbeiter selbst. Denn wer er das Ziel formulieren kann, hat er es auch verstanden und angenommen.
Erklärung:
Als Führungskraft sollte man schon vor dem Gespräch wissen, was man von seinem Mitarbeiter in den nächsten Monaten erwartet und welche Ziele es zu erreichen gibt. Gerade in der Software-Entwicklung ist es sehr schwer Ziele wirklich greifbar zu definieren. Pauschale Ziele wie „Der Code muss besser werden“, „Deine Tickets sollen schneller abgearbeitet werden“ oder „Du musst besser kommunizieren“ bringen nichts und sind vor allem in keiner weise messbar.
Die einfachste Definition für Software-Entwickler: Mehr abrechenbare Zeit produzieren. Das ist ungefähr gleichzusetzen mit dem Ziel für Manager mehr Rendite zu erwirtschaften. Dieses Ziel sollte auch in jedem Unternehmen sehr einfach messbar sein.
Zudem arbeite ich viel mit dem Thema „Verantwortung“. Denn wenn jemand Verantwortung für Thema übernimmt, identifiziert er sich auch damit. So kann zum Beispiel ein Ziel sein, dass der Kunden-Support für eine Plattform übernommen wird, oder ein Mitarbeiter 2–3 Projekte als Lead-Entwickler durchführt (Wenn er es noch nicht vorher gemacht hat). So kommt man zu dem Punkt, dass man seine Entwickler fordert, aber nicht überfordert. Dennoch bleibt es wirklich sehr individuell wie Ziele formuliert werden und hier ist Erfahrung ein guter Ratgeber. Kontrolliert wie ihre eure Zieldefinitionen funktioniert haben und verwendet diese wieder oder passt Sie an. Auch die Erkenntnis „Diese Form der Zieldefinition funktioniert nicht“ kann helfen.
Leitfaden
Folgend die Fragen, welche ich als groben Leitfaden verwende. Je nachdem wie das Gespräch sich entwickelt lasse ich Fragen weg oder stelle Fragen zusammenhängend. Wichtig ist anschließend ein Protokoll der Antworten, damit nichts falsch aufgenommen / interpretiert wird.
1. Was sind deine drei wichtigsten Dinge/Ziele in deinem Leben?
2. Was denkst du, sind die drei wichtigsten Ziele der Firma? (Qualität für den Kunden (Empfehlung), Rendite für Mitarbeiter = Rendite für das Unternehmen, Spaß an der Arbeit = gute Arbeit)
3. Wie fühlst du dich aktuell hier?
4. Was schätzt du / findest du positiv an der Firma?
5. Welche Dinge gefallen dir nicht an der Firma? (Störungen)
6. Wie schätzt du deine persönliche Leistung ein? (Nicht nur fachlich)
7. Rückmeldung zur jeweiligen Person geben (Leistung, Motivation, drumherum)
– Zahlen, Daten, Fakten
– besonders gute / nicht so gut Projekte hervorheben
– 3-4 Punkte aufzeigen, wo es „Verbesserungspotenzial“ gab. Wichtig: Wie konkret hätte die Verbesserung aussehen können!
8. Welche Ziele hast du für 2019 und in 5 Jahren persönlich? (Weiterbildung? Berufliche Veränderung? Private Ziele?)
9. Welche Ziele hast du für das Team/Firma?
10. Ziele zusammen Formulieren (Herausfordern, nicht überfordern – am bestens selbst die Ziele formulieren lassen. Sollte natürlich mit den Zielen der Firma übereinstimmen)
11. Wie können wir dir noch mehr Wertschätzung entgegenbringen? (Aufgaben, Arbeitsumfeld, Wünsche an Führungskräfte, eigene Ideen für Projekte)
Ich hoffe das hilft euch ein wenige weiter und ihr bekommt eine Idee als Grundlage für eurer nächstes Mitarbeitergespräch.